Skip to main content

Die Verbindung von aufklärerischer Vernunft und Wissenschaft

Immanuel Kant

Immanuel Kant (1724-1804)  „So gewiss diese Philosophie (Kants) auch als Ganzes eine geniale Tat bedeutet, ...so gewiss doch fügt sie sich ein in den Gesamtstrom der Philosophie, der Wissenschaft, der humanen Kultur. Sie gehört einer großen geistigen Familie an, deren Ahnenregister mindestens bis Platon und Parmenides hinaufreicht; zu der unter den Neueren nicht bloß Descartes und Leibniz, sondern ebensogut Galilei, Huyghens, Newton, Euler, die philosophisch gerichteten Forscher fast ohne eine einzige Ausnahme zu rechnen sind.“  

Paul Natorp, Kant und die Marburger Schule, Kant-Studien 17, (1912), S. 193.

„Das wesentlich Neue und Entscheidende dabei war, daß Kant ... die Fragen welche den Ursprung (quaestio facti) und die tatsächliche Entwicklung der menschlichen Vernunfttätigkeiten betreffen, vollständig von denjenigen sonderte, welche sich auf ihren Wert (quaestio iuris) beziehen. (...) Damit wird im Ganzen der Versuch durchgeführt, die Rationalität von Welt und Leben bis in die letzten Tiefen des Bewußtseins zu verfolgen und eben dadurch nach allen Richtungen die Grenzen zu bestimmen, an denen der irrationale Inhalt aller Wirklichkeit beginnt.

Wilhelm Windelband, Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, Tübingen, Mohr/Siebeck Verlag (1993/1892), S. 447

„Ich behaupte aber, daß in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist.“

„Wesen ist das erste innere Prinzip alles dessen, was zur Möglichkeit eines Dinges gehört. Daher kann man den geometrischen Figuren (da in ihrem Begriffe nichts, was ein Dasein ausdrückte, gedacht wird) nur ein Wesen, nicht aber eine Natur beilegen.“    

Immanuel Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, Hamburg, Meiner Verlag (1997/1786), Vorrede.

„In recent years, many philosophers of modern physics came to the conclusion that the problem of how objectivity is constituted (rather than merely given) can no longer be avoided, and therefore that a transcendental approach in the spirit of Kant is now philosophically relevant. The usual excuse for skipping this task is that the historical form given by Kant to transcendental epistemology has been challenged by Relativity and Quantum Physics. However, the true challenge is not to force modern physics into a rigidly construed static version of Kant's philosophy, but to provide Kant's method with flexibility and generality.“  

Michael Bitbol / Pierre Kerszberg / Jean Petitot (Hrsg.): Constituting Objectivity: Transcendental Perspectives on Modern Physics, Springer Verlag 2010.

Kant hat nicht mehr denselben, unmittelbar produktiven Anteil an der Gestaltung der Mathematik und der Naturerkenntnis wie Descartes und Leibniz. ... Seine transzendentale Methode muß das ‚Faktum der Wissenschaften‘ als gegeben voraussetzen. ... Seine Grundüberzeugung und seine Grundvoraussetzung besteht vielmehr darin, daß es eine allgemeine und notwendige Form des Wissens gibt, und daß die Philosophie dazu berufen und befähigt ist, diese Form zu entdecken und sicherzustellen. Die Vernunftkritik leistet dies, indem sie statt auf den Inhalt des Wissens auf die Funktion des Wissens reflektiert. Diese Funktion findet sie im Urteil...“

Ernst Cassirer: Descartes, Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, Band IV, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1995, S. 22.

„Die durch Kant ins Leben gerufene Transzendentalphilosophie gründet sich auf eine solche Logik, die ihrem Wesen nach idealistisch und erkenntnistheoretisch zugleich sein muss. Es ist zweifellos, daß die mathematische Naturwissenschaft den Blick für die von Kant neu entdeckte transzendentale Sphäre, in der die Platonische Ideenwelt ihre Auferstehung feiert, hat schärfen helfen. Indem sie das Denken daran gewöhnte, statt nach Substanzen und Ursachen der Natur vielmehr nach deren mathematischen Beziehungen zu forschen, arbeitete sie einer Logik vor, die auch das Reich der reinen Denkbestimmungen nicht mehr als eine Welt selbständiger, für sich seiender ideeller Substanzen, sondern als ein System von Setzungen des Ich auffassen lehrt. Es ist historisch wichtig und wertvoll, sich diesen Zusammenhang klar zu machen. Ernst Cassirer hat sich das Verdienst erworben, in seiner Geschichte des Erkenntnisproblems, die Entstehung der Transzendentalphilosophie nach dieser Seite hin erschöpfend behandelt zu haben.

Richard Kroner, Von Kant bis Hegel, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Verlag, Tübingen 1977, Band I, S. 49.

„Das empirisch Reale ist auf ein transzendental ‚Ideales‘ zurückbezogen, und umgekehrt. Die Korrelativität ist so als eigenartige Zusammengehörigkeit von ‚empirischem Realismus‘ und ‚transzendentalem Idealismus‘ ausdrückbar.“

Rudolf Zocher, Kants Grundlehre – Ihr Sinn, ihre Problematik, ihre Aktualität, Erlangen 1959, S. 36.

„Es scheint so, als wenn Kant durch die Festlegung der Mathematik auf die reinen Formen der Anschauung Raum und Zeit Grenzen der Mathematik festgelegt und den schon damals vorhandenen Reichtum mathematischen Wissens nicht erfasst hätte. Dies ist, so meinen wir, ein Missverständnis. Es sieht in der Tat so aus, als wenn eine Beschreibung des Raumes und der Zeit als reine Formen als Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis die Behauptungen enthielte, dass Raum nur dreidimensional sein könnte und Zeit eindimensional und gerichtet. Kant hat aber nie behauptet, dass die Struktur von Raum und Zeit damit vollständig beschrieben sei. Ganz im Gegenteil, er setzt bei allem die Aktivität des Verstandes voraus. Der Verstand bildet Begriffe, speziell mathematische Begriffe in dem Sinne, dass er über verbale Definitionen hinausgehend entsprechende Objekte a priori schafft. Kant unterscheidet deutlich zwischen der Konstruktion eines Objektes und dem Postulat seiner Existenz. Man kann z. B. sicherlich keine fünfdimensionale Sphäre konstruieren, aber man kann ihre Existenz postulieren. Gerade diese Unterscheidung der Voraussetzung der Existenz eines mathematischen Objektes, wofür nur innere Konsistenz nötig ist, und seiner Konstruktion, die eine bestimmte Struktur des Anschauungsraumes voraussetzt, ist wichtig, um die Kantische Philosophie nicht misszuverstehen. Kant hat z. B. nie behauptet, dass es nicht möglich wäre, eine konsistente Geometrie anzugeben, die nicht euklidisch wäre. Die verbreitete Meinung, dass (...) die Mathematik der nicht-euklischen Geometrien seit Gauß, Bolyai und Lobatschewski die Kantische Philosophie der Mathematik widerlegten, ist missverständlich, wenn nicht falsch.“

Thomas Bedürftig, Roman Murawski, Philosophie der Mathematik, Berlin/Boston 2019, De Gruyter Verlag, S. 61f.

"If we could have only three knowledge frameworks, we would lean heavily on topics that were central to Kant's Critique of Pure Reason, which argued, on philosophical grounds, that time, space, and causality are fundamental. Putting these on computationally solid ground is vital for moving forward."

Gary Marcus / Ernest Davis, Rebooting AI - Building artifical Iintelligence we can trust, Vintage Books Penguin Random House, New York 2019, p. 162.

„Das Wesentliche und Unterscheidende der reinen mathematischen Erkenntnis von aller anderen Erkenntnis a priori ist, daß sie durchaus nicht aus Begriffen, sondern jederzeit nur durch die Konstruktion der Begriffe vor sich gehen muß. Da sie also in ihren Sätzen über den Begriff zu demjenigen, was die ihm korrespondierende Anschauung enthält, hinausgehen muß; so können und sollten ihre Sätze auch niemals durch Zergliederung der Begriffe, d. i. analytisch entspringen und sind daher insgesamt synthetisch. (...) Der Begriff der Zwölf ist keineswegs dadurch schon gedacht, daß ich mir bloß jene Vereinigung von Sieben und Fünf denke, und ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so lange zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen. (...) Ebensowenig ist irgendein Grundsatz der reinen Geometrie analytisch. (...) Was uns hier gemeiniglich glauben macht, als läge das Prädikat solcher apodiktischer Urteile schon in unserem Begriffe und das Urteil sei also analytisch, ist bloß die Zweideutigkeit des Ausdrucks. Wir sollen nämlich zu einem gegebenen Begriffe ein gewisses Prädikat hinzudenken, und diese Notwendigkeit haftet schon an den Begriffen. Aber die Frage ist nicht, was wir zu dem gegebenen Begriff hinzu denken sollen, sondern was wir wirklich in ihm, obzwar nur dunkel denken, und da zeigt sich, daß das Prädikat jenem Begriffe zwar notwendig, aber nicht unmittelbar, sondern vermittelst einer Anschauung, die hinzukommen muß, anhänge.

Immanuel Kant, Prolegomena zu einer jeder künftigen Metaphysik, Meiner Verlag, Hamburg 2001, S. 20-23.

„Wir sind nicht in der Lage, das Unendliche widerspruchsfrei zu denken. Das hat Kant in der Kritik der reinen Vernunft behauptet, und damit hat er, wie das folgende Buch zeigen soll, recht - jedenfalls soweit wir sehen können. Kant der eine Kritik der Möglichkeiten und der Reichweite der menschlichen Erkenntnis durchführen wollte, hat dabei eine ebenso einfache wie elementare Frage aufgeworfen: Könnte es sein, daß das menschliche Denken sich in schwerwiegende Widersprüche verwickelt, die wir auch mit den besten uns zur Verfügung stehenden Theorien und Methoden grundsätzlich nicht zu lösen vermögen? (...) Kant war der Auffassung, daß sich die kosmologischen Antinomien nur dann vermeiden lassen, wenn wir ein bestimmtes Prinzip unserer natürlichen realistischen Einstellung aufgeben in der wir uns die Gegenstände der Wirklichkeit als in jeder Hinsicht unabhängig von erkennenden menschlichen Subjekten vorstellen. Kant bestreitet nicht das empirisch oder ontologisch realistische Prinzip, nachdem die Gegenstände, die wir erkennen, auch unabhängig von unserer Erkenntnisleistung existieren. Er bestreitet aber das in unserer natürlichen Einstellung ebenfalls (stillschweigend) enthaltene semantisch realistische Prinzip, (...).

Guido Kreis, Negative Dialektik des Unendlichen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2015, S. 11 und S. 15.

„Hume setzte bei seiner gesamten psychologischen Analyse doch das eine unbedenklich voraus: daß überhaupt gewisse Eindrücke in objektiver und regelmäßiger Aufeinanderfolge gegeben seien. Denn wäre dies nicht der Fall, würde nach reiner Willkür bald der Inhalt a vor dem Inhalt b vorausgehen, bald überhaupt nicht mit ihm, oder doch in anderer Abfolge verknüpft sein, - so könnte unmöglich eine gewohnheitsmäßige >Assoziation< zwischen a und b sich herstellen, die ja das wiederholte Auftreten derselben Erfahrungsinhalte in gleichartiger Verbindung zur Bedingung hat. In dieser einen Voraussetzung einer objektiven Folge von Erfahrungselementen aber ist - wie Kant einwendet - der eigentliche Gehalt des bestrittenen Kausalbegriffs bereits zugestanden, so daß alle spätere Kritik, die an diesem Begriff versucht wird, hinfällig wird. Nur durch Anwendung des Gesichtspunkts von Ursache und Wirkung, nur durch den Gedanken einer Regel, der die >Erscheinungen< unabhängig vom Bewußtsein des einzelnen subjektiven Zuschauers für sich unterstehen, kann von einer Folge in der >Natur< oder in den >Dingen< im Gegensatz zum bloßen Mosaik der Vorstellungen >in uns< die Rede sein.

Ernst Cassirer, Kants Leben und Lehre (1918), Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977, S. 199.

„Vielleicht noch bedeutender als die Leistungen Kant's auf dem Gebiete der Mechanik, Physik, physischen Astronomie sind seine Verdienste in der physischen Geographie und der Wissenschaft der organischen Natur. Kant hat vor Ritter den wissenschaftlichen Begriff der Geographie aufgestellt und durchzuführen versucht, er hat sich vor Darwin mit Ideen der Abstammung und Vererbung getragen, die seiner Zeit weit voraneilten.

 Alois Riehl, Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft, Leipzig 1876, S. 231f.

„Kants transzendentaler Idealismus steht, wenn er richtig gedeutet wird, zur Einsteinschen Physik und auch deren erkenntnistheoretischen Ergebnissen in keinerlei Widerspruch. Kants Anschauungsformen geben gleichsam nur ein Schema, ein Gesetz der Anordnung und Einordnung. (...) Wenn man auf Einsteins Standpunkt steht, ist deshalb keineswegs die Frage der Transzendentalphilosophie nach der objektiven Gültigkeit synthetischer Urteile a priori sinnlos geworden. - Der heftige und oft überhebliche Ton, in dem so viele moderne Physiker die kantische Raum-Zeitlehre als eine vollkommen überwundene verwerfen, erscheint daher als durchaus ungerechtfertigt. Welchen Charakter das Apriori Kants hat, ist dargestellt worden, ebenso, daß die Einsteinsche Physik weder Kant widerspricht, noch auch ihn überflüssig macht.

Ilse Schneider, Das Raum-Zeit-Problem bei Kant und Einstein, Berlin 1921, S. 64 u. 67.

"His last thoughts on the subject in the Opus Postumum show him moving towards rather than away from a pure Rationalist position. If we ask which is of his distinguished predecessors, Descartes or Hume, he resembles more plainly in this connection, the answer can only be Descartes. He differs from Descartes on many details (...), but seems all the same to share his fundamental optimism about science, the view that we are really in possession of some scientific knowledge and every chance of acquiring more. (...) One feature that lends colour to Kant´s Rationalism about science is his conviction that the way natural forces operate can be given precise mathematical expression, in such a way that the results of experiments can be calculated beforehand in an exact manner."

W. H. Walsh, Kant and Empiricism, in: Joachim Kopper / Wolfgang Marx (Hrsg.), 200 Jahre Kritik der reinen Vernunft, Gerstenberg Verlag, Hildesheim 1981, S. 414f.

„Die Qualität der Empfindung ist jederzeit bloß empirisch, und kann a priori gar nicht vorgestellt werden, (z. B. Farbe, Geschmack, etc.). Aber das Reale, was den Empfindungen überhaupt korrespondiert, im Gegensatz mit der Negation = 0, stellet nur etwas vor, dessen Begriff an sich ein Sein enthält, und bedeutet nichts als die Synthesis in einem empirischen Bewußtsein überhaupt. (...) Alle Empfindungen werden daher, als solche, zwar nur a posteriori gegeben, aber die Eigenschaft derselben, daß sie einen Grad haben, kann a priori erkannt werden. Es ist merkwürdig, daß wir an Größen überhaupt a priori nur eine einzige Qualität, nämlich die Kontinuität, an aller Qualität aber (dem Realen der Erscheinungen) nichts weiter a priori, als die intensive Quantität derselben, nämlich daß sie einen Grad haben, erkennen können, alles übrige bleibt der Erfahrung überlassen.

Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, B217 / B218.

„In diesem Zusammenhang entdeckt Kant das Leitfadenprinzip: die Kategorien sind nichts anderes als auf Begriffe gebrachte mögliche Argumente für logische Funktionen. Als solche bestimmen sie a priori, d.h. allgemeingültig und notwendig die möglichen Gegenstände und sind selbst von den Funktionen her bestimmt. Allein worauf beruht aber die Objektivität dieser Zuordnungen, dieser geordneten Relationen? Sie beruht darauf, daß die Funktionen allgemeingültige Gesetze sind, die etwas überhaupt erst als Objekt bestimmen, wenn es ihnen gemäß gedacht ist, also als kategorial bestimmtes Relat einer funktionalen Relation. Das bedeutet zum einen, daß die realen Relationen ihr Fundment in den Funktionen haben, und zum anderen, daß die Relate überhaupt erst zu Objekten, mithin real Seiendem dadurch werden, daß sie Relat einer solchen funktionalen Relation sind. (...) Zeitlich ist dieses Resultat auf den Duisburger Nachlaß anzusetzen, also 1773-1775. Was bis zur KrV nachfolgt, ist die Ausarbeitung und Aufgliederung dieser prinzipiellen Gedanken.“

 Peter Schulthess, Relation und Funktion, De Gruyter Verlag, Berlin/New York 1981, S.140f.

„Dass die Kategorien ursprünglich erworben sind, heißt dann, dass sie alleine durch den Verstand und seine Ausübung existieren. Mit der Zurückweisung angeborener Inhalte von Repräsentationen wendet Kant sich also nicht in jedem Sinne gegen die Idee der Angeborenheit. Der ‚Grund‘ der Kategorien ist nämlich sehr wohl angeboren. (FN: Auch unserere räumliche und zeitliche Rezeptivität, auf deren Grundlage wir die Repräsentationen von Raum und Zeit ursprünglich erwerben, ist uns angeboren...) Dieser Grund ist unser Vermögen zu denken selbst: ‚uns ist nichts angeboren als die Verstandesfähigkeit (V-MP/Mron, AA XXIX: 761).‘ Kant deutet auf diese Weise die Position an, dass es grundlegende repräsentationale Fähigkeiten sind, die dem ursprünglichen Erwerb der Kategorien zugrunde liegen.

Till Hoeppner, Urteil und Anschauung, De Gruyter Verlag, Berlin/Boston 2021, S. 11.

"The categories are, as it were, engrained in the mind as logical functions - that is, functions of dicursive combinations of concepts related to objects. The capacity for judgement guides sensible synthesis, and this synthesis speciosa is the initial 'application' of the categories. However, in this application the categories are not reflected as concepts, so that the combinations guided by the Vermögen zu urteilen remain undeterminded (undetermined by concepts, 'blind' synthesis of the imagination). Reflection under categories as concepts can occur only when empirical judements, analyzing the figurative synthesis first presented in intuition, have been formed and systematically correlated."

 Bèatrice Longuenesse, Kant and the capacity to judge, Princeton University Press, Princeton and Oxford 2001, p. 244.

„Das Ding an sich ist somit der Inbegriff der wissenschaftlichen Erkenntnisse. (...) Sie enthalten daher nicht nur das, was ermittelt ist, sondern in sich zugleich das, was fraglich bleibt. Das ist der Charakter aller Begriffe: dass sie, indem sie Denkforderungen befriedigen, neue stellen. Es gibt keinen definierten Abschluss. Jeder richtige Begriff ist eine neue Frage, keiner eine letzte Antwort. Das Ding an sich, als ‚Umfang und Zusammenhang‘ der Erkenntnis gedacht, muss daher zugleich der Ausdruck der Fragen sein, welche in jenen Antworten der Erkenntnisse eingeschlossen sind. Diese fernere Bedeutung des Ding an sich bezeichnet ein anderer Ausdruck, durch welchen Kant das x, als welches er wiederholentlich das transcendentale Objekt bezeichnet, bestimmt und vertieft hat. Das Ding an sich ist ‚Aufgabe‘.“

Hermann Cohen, Kants Theorie der Erfahrung, Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin 1885, S. 519.

„In der Schematismuslehre Kants wird eine Verbindung zwischen dem logischen Unternehmen der Subsumtion des Besonderen unter das Allgemeine und dem Verfahren der beschreibenden und darstellenden Konstruktion hergestellt. Die ‚bestimmende‘ Urteilskraft ist diejenige Instanz der Vernunft, welche diese Verbindung repräsentiert. Sie bewirkt es, daß es nicht nur auf die Unterordnung eines besonderen Begriffes unter einen allgemeinen, sondern zugleich auf das ‚Enthaltensein‘ eines Gegenstandes in einem Begriff ankommt. Auf diese Weise wird in Kants Transzendentalphilosophie Logik und konstruktive Operation verbunden. (...) Das Hauptgewicht der Bedeutung des Schemas liegt darauf, eine Technik des Verstandes bzw. der Einbildungskraft darzustellen, die es erlaubt, den Begriffen eine Geltung für Gegenstände in Raum und Zeit zu geben; dazu ist es nötig, den Begriff in sein Erscheinungsbild einzukleiden. Das Bild wird erst auf diese Weise geschaffen.“

Friedrich Kaulbach, Schema, Bild und Modell nach den Voraussetzungen des Kantischen Denkens, in: Kant - Zur Deutung seiner Theorie von Erkennen und Handeln, Hrsg. Gerold Prauss, Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 1973, S. 114 u. 121.

„Da entdeckte Kant das, worauf unsere Untersuchung unmittelbar gerichtet war, die Einheitsfunction in den Urtheilen. Er erkannte, dass jene gesuchten allgemeinen Begriffe nichts Anderes seien als die Verstandeshandlungen, welche auch den verschiedenen Vorstellungen in einem Urtheile Einheit geben. Um ‚ein solches Princip auszufinden, sah ich mich nach einer Verstandeshandlung um, die alle übrigen enthält und sich nur durch verschiedene Modificationen oder Momente unterscheidet, das Mannigfaltige der Vorstellungen unter die Einheit des Denkens überhaupt zu bringen, und da fand ich, diese Verstandeshandlung bestehe im Urteilen.‘ Das Princip ging somit nicht auf die Wesensbestimmung dessen, was eingeteilt werden sollte. Das Entscheidende war, dass ‚die wahre Bedeutung der reinen Verstandesbegriffe und die Bedingungen ihres Gebrauchs genau bestimmt werden konnte.‘ Das ‚gemeinschaftliche Princip‘ war das Vermögen zu urtheilen.‘ “

August Stadler, Die Grundsätze der reinen Erkenntnistheorie in der kantischen Philosophie, Leipzig 1876, S. 51.

"That Kant's analysis in the Transcendental Deduction does not manifestly show the rigorous mode of syllogistic reasoning is due to the transcendental nature of inquiry. However, this transcendental procedure does not detract from the rigorous nature of a derivation from a principle - a deduction in the standard philosophical sense - in the same way that the intentionally reflexive style of Descartes' Meditations does not conflict with the strict deductive rules for logical inference that Descartes stipulated for philosophy in the Regulae."

Dennis Schulting, Kant's Deduction from Apperception, De Gruyter, Berlin/Boston 2020, p.40.

„Kant sagt in der ‚Vorrede zur zweiten Auflage‘ der ‚Kritik der reinen Vernunft‘: ‚In jenem Versuche, das bisherige Verfahren der Metaphysik umzuändern, und dadurch, daß wir nach dem Beispiele der Geometer und Naturforscher eine gänzliche Revolution mit derselben vornehmen, besteht nun das Geschäfte dieser Kritik der reinen spekulativen Vernunft‘ (BXXII). Dieses Bewußtsein Kants von der Bedeutung seines Werkes ist durch die Geschichte bestätigt worden. Ja, man kann sagen, es ist diesem Buche noch mehr an Gewicht zugemessen worden, als Kant selbst in seinen Bemerkungen über die Revolution der Denkart in Anspruch genommen hat. Kant hat nur von einer Umänderung der Denkart in bezug auf die Metaphysik gesprochen, aber die Macht des Denkens, das sich in der ‚Kritik der reinen Vernunft‘ Gestalt gegeben hat, hat weit über die Metaphysik hinaus in alle Bereiche der geistigen und gesellschaftlichen Entwicklung des 19. und 20. Jahrhunderts eingegriffen.“

Joachim Kopper, Die Stellung der >Kritik der reinen Vernunft< in der neueren Philosophie, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1984, S. VII.

„Ein weiterer wesentlicher Fortschritt besteht darin, daß die Funktion dichterischer Einbildungskraft in der wissenschaftlichen Forschung erst im Opus postumum eine ihr angemessene Rechtfertigung findet. Bei der Kritik der reinen Vernunft konnte man sich schwerlich des Eindrucks erwehren, daß uns jedes Apriori als ein ‚Faktum‘ (entweder der Vernunft oder des Verstandes oder der Anschauung) gegeben ist, und daß sich unsere Tätigkeit lediglich darauf beschränkt, diese formale Struktur ‚anzuwenden‘. Auch in den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft ist in der Tat oft von ‚Anwendung‘ die Rede. (...) Im Opus postumum ist es nicht mehr so. Zwar bleibt die Anzahl der Kategorien unverändert, die notwendige Struktur von Raum und Zeit vorausgesetzt und die Kräfte nach der Tafel der Kategorien geordnet, aber der Verstand wird erfinderisch. Die Erdichtung von problematischen und trotzdem apodiktischen Formen hat die ‚Anwendung‘ ersetzt, denn die Einbildungskraft bildet (fingit) und ‚thut sie dieses a priori nach einem Princip so heißt es sie dichtet‘ (II, 476,25).“

Vittorio Mathieu, Kants opus postumum, Klostermann Rote Reihe, Frankfurt/Main 1989, S. 277.

"Kant's theory is intended to be a general theory of what is involved in achieving experience, so - if it actually works - it should apply to any sensory input. To test the viability of this architecture, then, we need to actually implement it, and evaluate it in a large and diverse set of experiments. Our computer implementation of Kant's cognitive architecture is called the APPERCEPTION ENGINE. Our system is able to produce interpretable human-readable causal theories from very small amounts of data because of the strong inductive bias provided by Kant's unity constraints. We have tested this system in a variety of experiments, and found it shows promise as a machine for making sense of unlabelled sensory input."

Richard Evans, The Apperception Machine, in: Hyeongjoo Kim / Dieter Schönecker (Hrsg.), Kant and Artifical Intelligence, De Gruyter Verlag, Berlin / Boston 2023, p. 43.

„Niemand versucht es eine Wissenschaft zu Stande zu bringen, ohne daß ihm eine Idee zum Grunde liege. Allein in der Ausarbeitung derselben entspricht das Schema, ja sogar die Definition, die er gleich zu Anfange von seiner Wissenschaft gibt, sehr selten seiner Idee; denn diese liegt, wie ein Keim, in der Vernunft, in welchem alle Teile noch sehr eingewickelt und kaum der mikroskopischen Beobachtung kennbar, verborgen liegt. (...) Es ist schlimm, daß nur allererst, nachdem wir lange Zeit, nach Anweisung einer in uns versteckt liegenden Idee, rhapsodistisch viele dahin sich beziehende Erkenntnisse, als Bauzeug, gesammelt, ja gar lange Zeit hindurch sie technisch zusammengesetzt haben, es uns denn allererst möglich ist, die Idee in hellerem Licht zu erblicken, und ein Ganzes nach den Zwecken der Vernunft architektonisch zu entwerfen.“

Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 862 / 863.

Marburger Archiv – Kant und die Aufklärung: https://www.uni-marburg.de/de/fb03/philosophie/forschung/kant 

Kant-Gesellschaft: http://www.kant-gesellschaft.de/de/kg/geschichte.html