Kant - Cassirer - Neukantianismus
Die Verbindung von aufklärerischer Vernunft und Wissenschaft
„Das Schicksal und die Zukunft der kritischen Philosophie wird durch ihr Verhältnis zur exakten Wissenschaft bedingt. Wenn es gelänge, das Band zwischen ihr und der Mathematik und mathematischen Physik zu zerschneiden, so wäre sie damit ihres Wertes und Inhalts beraubt. ... Der Bestand ihrer Sätze bildet somit keinen fertigen und ein für alle Mal gesicherten Besitz, sondern er muß sich gegenüber den Wandlungen der wissenschaftlichen Überzeugungen und Begriffe stets von neuem rechtfertigen. ... Dauernd ist allein die Aufgabe der ständig erneuten Prüfung der wissenschaftlichen Grundbegriffe, die für die Kritik zugleich zu strenger subjektiver Selbstprüfung wird.“
Ernst Cassirer, Kant und die moderne Mathematik (1907), in: Gesammelte Werke, Hamburger Ausgabe, Bd. 9, Meiner Verlag, S. 37.
„It should be clear ... that any account of modern or contemporary philosophy which disregards Neo-Kantianism - that is, which perpetuates the generalized neglect of Neo-Kantianism - is decidedly lacking. Such an account will necessarily miss, not least importantly the systematic contributions that Neo-Kantian thinkers made to modern Western philosophy.“
Rudolf A. Makkreel / Sebastian Luft (Eds.) in: Neo-Kantianism in Contemporary Philosophy, Introduction, Indiana University Press, Bloomington, 2010.
„Philosophie wird also keineswegs auf Erkenntnistheorie reduziert, sondern die Erkenntnistheorie fungiert im Neukantianismus als philosophia prima. Als solche hat sie nicht nur eine spezifische Thematik, sondern zugleich eine darüber hinausgehende Bedeutung für das System der Philosophie, dessen Methode und Grundbegrifflichkeit sie vorzeichnet.“
Christian Krijnen, Transzendentaler Idealismus und empirischer Realismus, in: ChristianKrijnen, Kurt Walter Zeidler (Hrsg.), Wissenschaftsphilosophie im Neukantianismus, Königshausen & Neumann Würzburg 2014, S. 11.
„Geschichtlich betrachtet macht Cassirer im Denken Henri Poincarés die erste fruchtbare Zusammenführung von Gruppentheorie und Wahrnehmungspsychologie fest. (...) Cassirer glaubt, dass Poincaré hier einem ‚methodischen Grundproblem auf der Spur war‘ und er zwischen mathematischem Gruppenbegriff und den Problemen der Wahrnehmungspsychologie einen ‚internen Zusammenhang‘ aufweisen kann, der ‚erkenntnistheoretischer Art‘ sei. (...) Cassirers Ergebnis lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass sich im Lichte der Gruppentheorie und Wahrnehmungskonstanz dasjenige erhellt, was Kant als Schematismus und ‚verborgene Kunst in den Tiefen der menschlichen Seele‘ bezeichnet hatte: die Bildung von Invarianten in der Wahrnehmung und Begriff. ‚Jede Invariante der Wahrnehmung stellt (...) ein Schema dar, auf das hin die einzelnen sinnlichen Erfahrungen orientiert und dem gemäss sie interpretiert werden.‘“
Tobias Endres, Ernst Cassirers Phänomenologie der Wahrnehmung, Meiner Verlag, Hamburg 2020, S. 261ff.
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