Wilhelm Windelband (1848 - 1915)

„Von dieser Konzeption von Prinzipienverhältnis her kann Windelband seine Lehre vom Erkennen entwickeln, nach der ‚mitten im Reiche der Naturnotwendigkeit die Norm zur Geltung und Herrschaft' kommt.“
Werner Flach, Zur Neubewertung des Neukantianismus, in: Christian Krijnen / Andrzej Noras (Hrsg.), Marburg versus Südwestdeutschland, Würzburg, Königshausen & Neumann 2012, S. 16. - Zitat Präludien (1921), Band 2, S. 97.
„Konkret geht er davon aus, daß all unser Denken, Handeln und ästhetisches Erleben unter einem absoluten Sollen stehen. Dieses genauer zu bestimmen, ‚aus dem Chaos der auf uns einströmenden Eindrücke, Urteile, Handlungen, Erlebnisse diejenigen herauszuarbeiten, die den Charakter der Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit haben, damit aber dem absoluten Sollen entsprechen und als unbedingte schlechthin geltende Werte anzusprechen sind‘, darin sieht Windelband die Aufgabe kritischer Philosophie.“
Hans-Ludwig Ollig, Der Neukantianismus, Tübingen, J. B. Metzler Verlag 1979, S. 55.
„Der schon in der allgemeinen Sprache nahegelegte, zu einer ausdrücklichen terminologischen Bedeutung gelegentlich von Lotze eingeführte Ausdruck ‚gelten‘ ist erst in der neueren Logik zu besonderer Wirklichkeit erhoben worden. (...) In diesem Sinne ist das Gelten immer auf ein Bewußtsein bezogen, für das es gilt - wie psychologisch überhaupt alle Werte auf ein Bewußtsein, für das sie Werte sind. Der Sinn der Wahrheit aber verlangt stets eine Geltung an sich ohne Beziehung auf ein Bewußtsein oder wenigstens auf ein bestimmtes, empirisches Bewußtsein. Denn der logischen Bedeutung des Geltens liegt ein Postulat der allgemeinen Anerkennung derartig zugrunde, daß es in dem sachlichen Bestande des Bewußtseinsinhalts begründet ist. So gelten mathematische Sätze, deren Anerkennung deshalb erzwungen werden kann, weil sie aus dem Wesen der mathematischen Konstruktionsbegriffe notwendig folgen. Daher weist dieser philosophische Begriff des Geltens immer über den Erkenntnisprozeß in den empirischen Subjekten hinaus.“
Wilhelm Windelband, Einleitung in die Philosophie, § 11, Tübingen 1920, S. 212.
„Die völlige Übereinstimmung mit Kant im Grundriß des philosophischen Systems, die Windelband im Vorwort zu den ‚Präludien‘ konstatiert, muß im Lichte des Diktums interpretiert werden: ‚Kant verstehen heißt über ihn hinausgehen‘. (...) Hier wird Kant zweifellos nicht nach dem Buchstaben gelesen. Das Gewicht liegt von vorneherein auf der systematischen Weiterbildung der kritischen Philosophie Kants.“
Helmut Holzhey in: Helmut Holzhey / Wolfgang Röd, Die Südwestdeutsche Schule, in: Geschichte der Philosophie Band XII, München, C. H. Beck Verlag, 2004, S. 90.
Wilhelm Windelband, Autorenportrait bei Meiner: https://meiner.de/autoren/wilhelm-windelband-a01
Biographie: https://www.deutsche-biographie.de/sfz116502.html
Bedeutende Werke:
Die Lehren vom Zufall, Berlin 1870
Über die Gewissheit der Erkenntnis. Eine psychologisch-erkenntnistheoretische Studie. Berlin 1873
Die Lehre vom negativen Urteil, 1884, Tübingen 1924
Die Geschichte der neueren Philosophie in ihrem Zusammenhange mit der allgemeinen Cultur und den besonderen Wissenschaften dargestellt. 2 Bände, Leipzig 1878–1880
Geschichte der antiken Naturwissenschaft und Philosophie, Nördlingen 1888
Geschichte der Philosophie, Freiburg Breisgau 1892
Platon, Straßburg 1900
Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, Tübingen 1903
Präludien. Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte, 4. Auflage 1911
- Literatur (Anregungen):
Der Neukantianismus (1979) Hans-Ludwig Ollig
Forschungsgrundlagen Wilhelm Windelband (2020) Jörn Bohr / Gerald Hartung (Herausgeber)
Präludien: Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte (2021) Wilhelm Windelband / Jörn Bohr, Sebastian Luft (Hrsg.)
Theoretische Geltung: Zur Geschichte eines philosophischen Paradigmas (1995) Lutz Herrschaft
Wilhelm Windelband (1848-1915) Studien und Materialien zum Neukantianismus (2018) Peter König / Oliver Schlaudt (Herausgeber)
Wilhelm Windelband und die Psychologie (2017) Horst Gundlach