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Die Verbindung von aufklärerischer Vernunft und Wissenschaft

Emil Lask (1875 – 1915)

„In Lasks philosophische Hauptwerke gehen eine Fülle philosophischer Denktraditionen ein. Die platonisch-neuplatonische Denktradition schlägt am stärksten durch in dem von Lask vertretenen ‚schroffen Objektivismus des Geltens‘ (Sommerhäuser), der im übrigen auch durch Husserlsche Einflüsse bedingt ist. Mit diesem Objektivismus geht eine neue Kant-Auffassung einher, die die Bedeutung der kopernikanischen Wende einzig in der Form-Umfaßtheit allen Materials gelegen sieht und den von Kant herausgestellten Ursprung der Kategorien im Bewußtsein für bedeutungslos erklärt.

Hans Ludwig Ollig, Der Neukantianismus, J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 1979, S. 70.

„In tausend Variationen des Namens und des Sinnes hat sich der von Plato vorbildlich ausgeprägte Dualismus, diese Zweisphärentheorie, wiederholt; (...) Darum ist es auch eine befreiende und klärende Tat der Gegenwart, daß sie - hauptsächlich an Anregungen Lotzes anknüpfend - die Gesamtheit des überhaupt Denkbaren mit ungeheurer Schroffheit wieder auf eine letzte Zweiheitlichkeit zurückzuführen trachtet, auf die Kluft nämlich zwischen Seiendem und Geltendem, Seinsgebiet und Geltungsgebiet, Seinsgebilden und Geltungsgebilden, zwischen der Wirklichkeits- und der Wertsphäre, zwischen dem was da ist und geschieht, und dem, was gilt, ohne sein zu müssen.

Emil Lask, Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Verlag, Tübingen 1993 (1911), S. 5f.

„Nachdem er im Sinne des Geltungskritizismus davon ausgeht, daß ‚Lotzes Herausarbeitung der Geltungssphäre (...) der philosophischen Forschung der Gegenwart den Weg vorgezeichnet‘ hat, versteht aber auch Lask unter dieser ‚Kategorienlehre nach den Prinzipien des Kantianismus‘nicht etwa eine transzendentallogische Rekonstruktion der Kantischen Kategorienbegründung, sondern sieht seine Aufgabe vielmehr darin, ‚die Geltungssphäre in ihrer Unvergleichlichkeit als ein neues Revier der philosophischen Besinnung gegen das Sinnlich-Seiende wie gegen das Übersinnlich-Ueberseiende abzugrenzen‘“.

Kurt Walter Zeidler, Kritische Dialektik und Transzendentalontologie, Bouvier Verlag, Bonn 1995, S. 50f.

„Logik der Philosophie: - Es ist nicht so sehr die Tendenz zu einem wesenslogischen Denken, wie sie sich in der Neufassung des Verhältnisses von Gegenstands- und Urteilslogik manifestiert, als vielmehr der Versuch, eine Logik der intelligiblen Welt des Geltens auf den Weg zu bringen, der das Interesse an Lasks Werk auch nach seinem Tod wachhält. Es geht dabei um nicht weniger, als eine kategoriale Logik der Philosophie, d. h. um eine Logik, die nicht mehr die Geltung von Seinserkenntnis, sondern das Gelten als solches und mit diesem die ‚kategoriale Form der Form‘ zum Thema hat.“

Helmut Holzhey in: Helmut Holzhey / Wolfgang Röd, Emil Lask, in: Geschichte der Philosophie Band XII, München, C. H. Beck Verlag 2004, S. 110.

„Bauch, Cohn und Rickert kritisieren unisono, Lasks Urteilstheorie sei nicht radikal genug. Denn Lask - er versteht sich dabei ausdrücklich als Kantianer - führt einen Sachverhalt ein, den es für die Kritiker logisch gar nicht gibt: ein dem Logischen schlechthin Unabhängiges, ‚Gegebenes‘, eine ‚logisch amorphe Materialmasse‘, die als ‚logisch Nacktes‘ und ‚materiales Substrat‘ von der Erkenntnis mit kategorialen Prädikaten als dem ‚bloß logischen Zusatz‘ ‚ausgestattet‘ und so in kategoriale Bestimmung ‚hineingestellt‘ wird (Lask 1912, 333; vgl. 1911, 73ff). Denkfremdheit in diesem Sinne ist gemäß den Prinzipien des Denkens - ausgeschlossen. Lasks hypostatischer Dualismus von Kategorie und ‚Material‘, das ‚unabhängig von kategorialer Umschlossenheit‘, eben ‚kategorial unbetroffen‘ sei, unterschlägt, daß das Material der Erkenntnis selbst Kategorien enthält.“

Christian Krijnen, Das konstitutionstheoretische Problem der transzendentalen Ästhetik, in: Marion Heinz / Christian Krijnen, Kant im Neukantianismus, Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, S. 122f.

„Dieses plötzliche Abreißen aller Fäden der Spekulation bei der Tatsache der brutalen Wirklichkeit nennt Fichte den absoluten, durch keine Reflexion auszufüllenden, sondern eben das Letzte, Unerreichbare des Wissens selbst ausmachenden ‚hiatus‘. Die Wirklichkeit mag man sich darum als Produzieren durch das Ich denken, aber wohlgemerkt als Produzieren eines Objekts, ‚über dessen Entstehen keine Rechenschaft abgelegt werden kann, wo es demnach in der Mitte, zwischen Projektion und Projektum finster und leer ist, wie ich es ein wenig scholastisch, aber denk ich, sehr bezeichnend ausdrückte, die projection perhiatum irrationalem‘.“ (...) An dieser Irrationalität des Individuellen erweist sich nun das Unzulängliche der bloßen Vernunftgesetzlichkeit und das absolute, über alle Begreiflichkeit hinausliegende Recht der unmittelbaren historischen Wirklichkeit.

Emil Lask, Fichtes Idealismus und die Geschichte, Tübingen/Leipzig 1902, S. 125, S. 177.

Biographie: https://www.deutsche-biographie.de/sfz48296.html

Bedeutende Werke:
Fichtes Idealismus und die Geschichte, Tübingen/Leipzig, 1902
Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1911.
Die Lehre vom Urteil. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1912
Gesammelte Schriften. 3 Bände. Hrsg. Eugen Herrigel. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1923